
Zuerst einmal ist das Spiel aus Elementen zusammengebastelt, die unzähligen anderen Spielen entwendet wurden, so dass man fortdauernd ein Déjà-vu erleben muss. Die Umsetzung der geklauten Dinge mag auf den ersten Blick vernünftig erscheinen, doch in der Tat ergeben sie keinen Sinn: Es geht um reine Methode, den Spieler um jeden Preis beschäftigt zu halten, um propagandistische Botschaften zu vermitteln. Where Winds Meet ist ein typischer Fall der gefälschten Markenware, die einem anspruchslosen Konsumenten vorerst echt erscheint.
Auf Anhieb könnte man beispielsweise das japanische Spiel Blue Protocol: Star Resonance nennen, von dem manche Gameplay-Kernelemente entliehen sind (die Art und Weise, wie die Ausrüstung verbessert und verstärkt wird, die "Reise eines Kriegers"-7-Tage-Belohnungen, die "Jadefische"-Aktivitätsbelohnungen, sowie die "Analyse der Fakten" (Tastenkürzel "L"), all das wurde unverschämt entwendet; die Außenposten-Herausforderungen sind wiederum eine Hommage an Spiele wie Assassins Creed). Allerdings wurden sie in Where Winds Meet dergestalt nachlässig und chaotisch umgesetzt, dass man buchstäblich keine Ahnung hat, was man gerade tut.
Es handelt sich jedoch um keine harmlose Fälschung, sondern um einen Sprachrohr der unverschämten chinesischen Propaganda, die wie nebenbei westliche Werte hinterfragt, Gemeinheit des gemeinen Volkes verherrlicht und die Duldsamkeit gegenüber Betrug und Verrat propagiert. Der Plot des Spiels, obwohl völlig unverständlich dargelegt, handelt davon, dass der Spielcharakter bei einer von den Geheimdiensten begünstigten kommunistischen Revolution mitwirkt und Verhältnisse wie in Nordkorea anstrebt.
Die meisten Aufgaben in diesem Spiel scheinen überhaupt keinen Sinn zu ergeben. Entweder liegt das an der Übersetzung, die gelinde gesagt suboptimal ist, oder wurden die Quests von einer suboptimalen KI zusammengebastelt. Es ist typisch, dass man sich plötzlich mitten in einer ästhetisch anspruchsvollen* Szenerie wiederfindet (*vorausgesetzt, man hat keine Abneigung gegenüber albernem Bühnenbild im chinesischen Stil), die auf den ersten Blick dem gesunden Menschenverstand nicht widerspricht, doch man kann das Geschehen schlichtweg nicht nachvollziehen, und die auf die aktuelle Aufgabe bezogenen Ziele scheinen völlig irrational. Der Eindruck wird dadurch verstärkt, dass die Dialogzeilen blitzschnell verschwinden, was bedeutet, dass man während einer Konversation bestenfalls die Hälfte erfassen kann. Man beachte, dass das ganze offenbar mithilfe von Google-Translate übersetzt wurde, was bedeutet, dass man einen jeden Satz mehrmals durchlesen müsste, um seinen Sinn zu entziffern.
Doch selbst wenn man die Bedeutung einer Aussage mehr oder weniger versteht (was jedoch nur mithilfe der Analyse eines rechtzeitig gemachten Screenshots bewältigt werden kann), wäre es verfrüht, anzunehmen, dass sie im Endeffekt einen Sinn ergeben wird, denn sämtliche tiefgründige Aussagen in Where Winds Meet verhalten sich wie Halluzinationen eines LLMs: Der Benutzer ist gut beraten, sie nicht für bare Münze zu nehmen.
Darüber hinaus trägt die miserable Übersetzung dazu bei, dass man zwischen Charakteren und Geschehnissen schlichtweg nicht unterscheiden kann. Man bedenke, dass die Namen aller Charaktere sowie Orte chinesisch sind, so dass man überhaupt keine Ahnung hat, wovon es sich im Augenblick handelt, ob es eine Person, eine Stadt oder etwa eine Kampffertigkeit ist (und falls es etwas ist, was hat das mit Han Xiangxun zu tun?). Außerdem wird für sämtliche NSCs ein und dasselbe 3d-Model verwendet, was jegliche Unterscheidung endgültig ausschließt. Es gibt höchstens ein Dutzend Arten von NSCs, die geben vor, unterschiedliche Personen darzustellen.
Was die 3D-Umsetzung des Spielcharakters betrifft, so erscheint sie auf den ersten Blick prächtig und verheißungsvoll, doch bei näherer Betrachtung offenbart sich, dass sie in hastiger Eile gefertigt und gänzlich gedankenlos in das Spiel eingefügt wurde. In Wahrheit vermag dieses Modell nur insoweit zu bestechen, als es in der starren Standardpose verharrt oder geradeaus rennt. Sobald man die Figur jedoch in die Hocke zwingt, zerfällt alles in schiefe, wirre Fragmente; die untere Hälfte des Charakters mitsamt seiner Gewandung verwandelt sich in ein chaotisches Knäuel verzerrter Polygone. Dieses Modell ist nicht einmal dazu imstande, die Knie ordentlich zu beugen. Die Milliarden, die die chinesische Propaganda in dieses Spiel investiert hat, sind offenbar umsonst verschwendet.
Alles in allem beweist das Spiel wieder einmal, dass ein totalitärer Staat weder mit Kreativität noch mit Qualität zu vereinen ist. Und wenn man ein vermeintlich unterhaltsames digitales Produkt genießt, das in China hergestellt ist, muss man in Kauf nehmen, dass es sich um Emanationen eines faschistischen Staats handelt, in dem Spielentwickler insoweit Propaganda betreiben müssen, als sie keine andere Wahl haben. Das Spiel mag tiefgründige historische Erkenntnisse beinhalten, die übrigens nichts mit der Welt von heute zu tun haben, doch ihre Instrumentalisierung für Propagandazwecke ist keine Vermutung, sondern eine Tatsache.

