
Das Verschwinden von Spielinhalten, egal ob es sich um Spielzonen, Quests, Dungeons oder Spielmechaniken handelt, ist selten eine gute Nachricht. Es sei denn, es wird mit durchdachtem Grund und transparenter Kommunikation begründet. Aber oft sind die Erklärungen dünn oder gar nicht vorhanden. "Obsoleszenz" und "Botbekämpfung" sind dann die Schlagworte, mit welchen die Betreiber versuchen, den bitteren Geschmack der Entfernung zu überspielen.
So wurden zum Beispiel in Lineage II die Katakomben "obsolet", und obwohl sie eine Welt an sich darstellten und von vielen Spielern sehr beliebt waren, wurden sie aus dem Spiel entfernt. Ein weiteres Beispiel ist Granado Espada, nämlich diejenige Version des Spiels, die am 18. Oktober 2017 auf Steam veröffentlicht wurde. (Man behalte im Kopf, dass die Steam-Version die einzige ist, die es 2025 noch in Frage kommt).
Aber was bedeutet Obsoleszenz wirklich? Heißt es, dass etwas wirklich unbrauchbar geworden ist, oder nur, dass es nicht mehr optimal für die aktuelle Verlustminimierung ist? Oftmals sind es gerade diese scheinbar "obsoleten" Inhalte, die dem Spiel seinen Charakter verleihen, die Erinnerungen und Erfolge der Spieler prägen. Das Löschen solcher Inhalte ist ein Angriff auf die Geschichte und Identität des Spiels. Es ist ein Eingriff in das, was viele Spieler an diesem Spiel so lieben.
Ein weiterer kritischer Faktor ist die Sturheit der Spielbetreiber. MMORPGs leben von ihren Communities. Die Spieler sind es, die Leben in die Spielwelt bringen, die Herausforderungen suchen, die Geschichten erleben und sich gegebenenfalls mit anderen vernetzen. Wenn die Betreiber diese Community sowie die Wünsche einzelner Spieler ignorieren und sich weigern, auf ihr Feedback einzugehen, ist das ein gefährliches Zeichen.
Besonders gravierend wird das Problem, wenn die Betreiber sich hartnäckig weigern, Inhalte, die ursprünglich für Gruppen konzipiert waren, für den Einzelspieler zugänglich zu machen - insbesondere in Zeiten sinkender Spielerzahlen. Wir sprechen hier von Inhalten, die heutzutage schlichtweg unpassierbar sind, werden jedoch für den Zugang zu weiteren Inhalten benötigt. Man kann buchstäblich monatelang auf eine Gruppe warten, während die Inhalte verstauben und vergessen werden. Das ist nicht nur frustrierend, sondern auch ein Zeichen für fehlende Innovationsbereitschaft und den Willen, die Spieler langfristig zu binden. Es wird die Spielerzahlen weiter dezimieren und einen Teufelskreis aus Enttäuschung, sinkendem Interesse und weiterer Vernachlässigung erzeugen.
Leider lässt sich aktuell das Spiel Granado Espada als Beispiel anführen, in dem diese beiden Warnsignale deutlich zu erkennen sind. Die kontinuierliche Vernachlässigung von gesundem Verstand ist ein trauriger Trend, der sich seit der Veröffentlichung auf Steam abzeichnet.
Diese Entscheidungen scheinen nicht auf einer klaren Vision oder strategischen Planung zu basieren, sondern wirken eher wie ein verzweifelter Versuch, die Bot-Plage zu bekämpfen, indem man die Vergangenheit auslöscht und wichtige Spielmechaniken unzugänglich macht. So kann man im Jahr 2025 in Granado Espada die Auktion ("Market") defaultmäßig nicht benutzen, um Gegenstände zu verkaufen. Erst nachdem die Familie des Spielers Level 20 erreicht, wird eine umständliche Questreihe angeboten, bei deren Abschluss man die Gegenstände endlich versteigern darf. Diese "Neuerung" hat dazu geführt, dass das Auktionshaus leer ist - anders als vor zehn Jahren kann man weder Charaktere noch Ressourcen nach Bedarf kaufen.
Das Schlimmste, was mit der Ausrottung des Handels zusammenhängt, sind die Veränderungen in der Spielzone "Dr. Torsche's Mansion", wo man früher nach Catherines Teilen genüsslich grinden musste. Es war ja von Anfang an vorhersagbar, dass man keine Teile in der Auktion finden wird, daher mussten die Rückentwickler die gesamte Questreihe, die maßgebend für die Atmosphäre des Spiels war, durch eine primitive Notlösung ersetzen.
Des Weiteren wurden sämtliche wiederholbare Quests von Spielzonen entfernt.
Ob das Bot-Problem damit erfolgreich gelöst wurde? Hundertprozentig, aber mit welchem Preis? Die Spielwelt ist leer, und man begegnet während der ersten (und zugleich letzten) 20 Stunden des Spielens höchstens zwei bis drei aktiven Familien. Mann kann jedoch nicht umhin zu erwähnen, dass es auch vor zehn Jahren (und das anders als im Jahr 2009) keine Bot-Plage gab, obwohl sowohl wiederholbare Quests als auch Auktion funktionierten.
Das folgende Screenshot aus dem Jahr 2015 zeigt Ania, die bis zum Veteran Lv. 10 hochgestuft ist. Ich erinnere mich zwar nicht, wie es dazu gekommen war, eines steht jedoch fest: Ania konnte man mühelos beschaffen. Ob man sie auf dem Markt erwarb oder in der Spielzone "Errac" bekam, sieht es so aus, dass das im Jahr 2015 anders als heute wie geölt lief.
Gleichzeitig ist die Sturheit der Betreiber alarmierend. Trotz zahlreicher Beschwerden und Anregungen aus der Community werden unnötige "Flaschenhälse" beibehalten, die den Fortschritt erschweren, bzw. unmöglich machen. Ironischerweise handelt es sich dabei um Probleme, die es bereits in ähnlicher Form vor zehn Jahren gab - nur noch umständlicher und spaßverderbender.
Heute stolpert man auf den ersten Stolperstein von Granado Espada bereits nach 20 Spielstunden, zumindest wenn man kein Hardcore-Spieler ist, der das Unmögliche zu schaffen gewohnt ist. Im Jahr 2015 war der erste fortschritthindernde Inhalt die Spielzone "Castilla Mine", die für Einzelspieler nicht zu bewältigen war. Im Jahr 2025 hingegen schlägt man mit dem Kopf gegen die Wand bereits in "Errac". Dabei bekommt man heute wegen des fehlenden Welcome-Buffs keinen Zugang zur Zone "Ancient Castilla", in der man seine Charaktere umsonst hochleveln könnte.

Summa summarum bietet Granado Espada im Jahr 2025 kaum Reize an, um einen neuen Spieler dergestalt zu begeistern, dass er mehr als 24 Stunden ins Spiel investieren würde. Schade eigentlich, weil das Spiel nach wie vor völlig einzigartig ist. Es scheint generell, dass je einzigartiger ein MMORPG ist, desto mehr Mühe sich die Entwickler, bzw. Betreiber geben, um das Spiel zu ruinieren. Ein weiteres Beispiel hierfür wäre "Atlantica Online".
P.S. Das Titelbild dieses Eintrags zeigt Lisa Linway, bekleidet mit "Avalanche Femme Costume".